Dauerthema Ukraine – auch für den Westerwälder Tonbergbau
Zwar findet das Thema Rohstoffversorgung mit Ton und Keramikindustrie in den Medien praktisch nicht statt, jedoch wirkt sich der Krieg in der Ukraine erheblich auch auf die Westerwälder Tonbergbaufirmen und deren Abnehmer, insbesondere die Hersteller keramischer Fliesen, aus.
Die Hauptabnehmer ukrainischen Tones aus dem Donbass, hier vor allen die Fliesenproduzenten in Italien und Spanien, sind nun vollständig von dieser Rohstoffquelle abgeschnitten. Wenn die noch vorhandenen Mengen in den dortigen Lagern aufgebraucht sind, fehlen in Italien rund 2 Millionen Tonnen Ton (aktuelle jährlich Importmenge aus der Ukraine). Und ohne Ton lassen sich keine Fliese herstellen. Die Situation hat sich mittlerweile zu einer Krise entwickelt, deren Auswirkungen sich nicht absehen lassen. So wurde aktuell bereits die internationale Keramik- und Badmesse Cevisama in Valencia abgesagt. Der Krieg in der Ukraine hat die Energiekrise, mit der die Keramikhersteller zu kämpfen haben, noch verschärft. Mit dem Ausbruch des Krieges sind die Gaspreise weiter in die Höhe geschnellt und der Fliesensektor hat darüber hinaus auch den russischen Exportmarkt verloren.
War bislang die Abbauregion westlich von Drushkovka im Donbass von den militärischen Auseinandersetzungen nicht direkt betroffen, so hat sich dies in den letzten Tagen geändert. Die Tongewinnung und Tontransport sind nun seit Wochen eingestellt. Die Bevölkerung der gesamten Region ist aufgefordert, das Gebiet zu verlassen. Die Wiederaufnahme der Tonförderung dürfte in weite Ferne gerückt sein.
Erste Raketen sind im Zentrum von Drushkovka eingeschlagen. Die wenige Kilometer nördlich gelegene Stadt Kramatorsk, ein Zentrum der metallverarbeitenden Industrie, liegt mittlerweile unter Dauerbeschuss. Slavjansk (in Sowjetzeiten lag dort das größte keramische Kombinat der SU), nördlich von Kramatorsk ist ebenfalls betroffen. 2014 wurde dort bereits gekämpft, die Stadt blieb aber unter ukrainischer Kontrolle.
Die Westerwälder Tonbergbauunternehmen können sich vor Anfragen nach Ton kaum ‚retten‘. Ein „Glück“ für den Westerwald? Befinden sich hier doch ausreichend Vorräte an hochwertigen Tonen. Und vor über 20 Jahren haben die italienischen Fliesenhersteller rund 2 Millionen Tonnen Westerwälder Tone pro Jahr verarbeitet. Der Transport fand reibungslos per Bahnwaggons statt. Der Export Westerwälder Tone nach Italien hat sich durch Umstieg und Zukauf von ukrainischen Tonen durch die dortigen Produzenten auf ca. 8-900.000 Tonnen seit dem mehr als halbiert.
Eine Steigerung der Tonförderung im Westerwald ist durchaus denkbar und möglich, obwohl dies mit großen Problemen wie stark gestiegenen Gewinnungskosten (Treibstoffe usw.) verbunden ist. Selbst höhere Preise für den Ton werden mittlerweile akzeptiert. Allerdings behindern anhaltende Transport- und Logistikprobleme verschiedenster Art bei der Bahn, eine Steigerung der Menge zu erreichen. Aktuell gelingt es kaum, die derzeitigen Mengen (siehe oben) reibungslos nach Italien zu transportieren. Also doch kein „Glück“? Vielleicht eher das Gegenteil, denn fehlender Ton und weiter steigende Energiekosten dürften zu nicht wenigen Produktionsschließungen führen. Letztlich für den Westerwald ein Verlust von Kunden.