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Baggern für den Naturschutz – Sibelco wird ausgezeichnet als „Amphibienfreundlicher Betrieb“

Baggern und Naturschutz – auf den ersten Eindruck klingt das widersprüchlich. „Es sei denn, es geht um „Abgrabungsamphibien“, wie Elmar Schmidt ausführt. Er betreut im Kreis Euskirchen für die Biologische Station das Projekt „Amphibienschutz in der Rohstoffgewinnung“. Seltene Amphibienarten, wie die in NRW stark gefährdete Geburtshelferkröte, haben im Rheinland genau da überlebt, wo mit Baggern, Raupen oder anderen großen Fahrzeugen Rohstoffe wie Sand, Kies, Ton oder Kalksteine abgebaut werden. „Die Biologische Station im Kreis Euskirchen hat uns gefragt, ob wir an dem Projekt teilnehmen möchten. Konkret sollten wir in der Tonabgrabung „Hundert Morgen“ in Mechernich 11 kleine und 5 grössere Tümpel anlegen“, erläutert Alexander Ertel von der Firma SIBELCO. Darüber hinaus wurden auf ca. 2,5 ha Gehölze entfernt, die den Landlebensraum verschiedener Amphibenarten zu stark beschatten.  „Das alles ist freiwillig, geht also weit über die gesetzlichen Verpflichtungen hinaus, die wir als Untere Naturschutzbehörde von Abgrabungsbetreibern einfordern müssen“, freut sich Rebekka Vogel von der Unteren Naturschutzbehörde über das Engagement der Firma SIBELCO für den Amphibienschutz. Auch in 2 weiteren Abgrabungsstätten im Kreis Euskirchen ist SIBELCO offen für die Anregungen der Biologischen Station. „Wir freuen uns natürlich, dass wir zum Erhalt seltener Arten beitragen können. Wenn die BioStation uns mitteilt, dass bestimmte Teile der Grube gerade vermehrt als Laichplätze dienen, versuchen wir, diese zeitweilig zu umfahren“ führt Gerd Klemmer (Sibelco) aus. Auf diese Art können Konflikte mit dem Artenschutzrecht im Vorfeld vermieden werden. So profitieren beide Seiten von dem Projekt „Amphibienschutz in der Rohstoffgewinnung“. Und Geburtshelferkröten oder Kreuzkröten finden Gewässer zum Ablaichen und geeignete Lebensräume in der Grube auch außerhalb der Laichzeit.

Für Ihr Engagement im Amphibienschutz bedankt sich Veronika Neumann im Namen der Biologischen Station und der übrigen Projektpartner bei Herrn Ertel und Herrn Klemmer und überreicht die Plakette „Amphibienfreundlicher Betrieb“.

von rechts nach links: Veronika Neumann (Vorsitzende der Biologische Station) überreicht Alexander Ertel und Gerd Klemmer (beide SIBELCO) die Plakette „Amphibienfreundlicher Betrieb“. Rebekka Vogel (Untere Natuschutzbehörde), Elmar Schmidt (Biologische Station). Foto: Heinz Vitten

Neu angelegtes Kleingewässer, Foto: Elmar Schmidt
 

Das Männchen der Geburtshelferkröte trägt die Eischnüre um seine Hinterbeine gewickelt, bis die Larven schlupfreif sind. Foto: Klaus Weddeling
Die Geburtshelferkröte profitiert von den neu angelegten Laichgewässern. Geburtshelferkrötenpaar: Das Männchen (oben) wickelt gerade die Laichschnüre um seine Hinterbeine. Foto: Jennifer Thelen
Plakette „Amphibienfreundlicher Betrieb“, abgebildet ist die in NRW stark gefährdete Wechselkröte

Pressemitteilung: 30.09.2020

Biologische Station im Kreis Euskirchen e.V.

Steinfelder Str. 10

53947 Nettersheim

Hintergrund

Das Projekt „Amphibienschutz in der Rohstoffgewinnung NRWs“

„Frösche und Lurche gibt es doch überall, sogar bei mir im Gartenteich.“ Diesen oder ähnliche Sprüche hört man oft. Das ist richtig, denn da, wo über längere Zeit Wasserstellen existieren, stellen sich früher oder später Amphibien ein. Meist handelt es sich um häufige Arten wie Grasfrosch, Teichfrosch, Erdkröte, Teich- oder Bergmolch. Als Laichstätten dienen ihnen v.a. verschiedene dauerhafte stehende Gewässer. Wichtig für diese Arten ist in der Regel, dass sich ihre Lebensräume und vor allem die Laichgewässer wenig verändern.

Es gibt allerdings auch ausgesprochene Spezialisten unter den Amphibien, diese sind in NRW alle gefährdet oder sogar vom Aussterben bedroht. Dazu zählen z.B. Kreuz- und Wechselkröten oder Gelbbauchunken. Sie leben bevorzugt in sandiger, kiesiger oder felsiger Umgebung und sind auf flache besonnte, fisch- und bewuchsarme oder -freie Gewässer angewiesen. Von Natur aus leben sie v.a. in den Überschwemmungsbereichen von Flüssen und Bächen. Sie haben sich darauf eingestellt, dass sich ihre Laichgewässer immer wieder verändern. Ihre Larven entwickeln sich bei Wärme schneller, so dass sie z.B. vor dem Austrocknen eines Tümpels ihre Entwicklung zum erwachsenen Tier abgeschlossen haben. Der Vorteil für sie besteht darin, dass sich die meisten ihrer natürlichen Feinde, wie z.B. Fische, in diesen sogenannten temporären Gewässern nicht entwickeln können. Heute sind die Vorkommen dieser Amphibienarten vor allem in Abgrabungen wie Sand- Kies- oder Tongruben oder auch Kalksteinbrüche zu finden, da die natürlichen Lebensräume in der heutigen Kulturlandschaft meistens verloren gegangen sind. Man kann sie daher als typische „Abgrabungsamphibien“ bezeichnen. Auch die Geburtshelferkröte zählt dazu. Ihre größten Vorkommen im Kreis Euskirchen liegen z.B. in ehemaligen Steinbrüchen oder in aktiven Tonabgrabungen.

Für den Erhalt der „Abgrabungsamphibien“ in NRW sind also die Rohstoffgewinnungsstätten sehr wichtig. Das war Anlass für die Biologischen Stationen in den Kreisen Bonn-Rhein-Erft, Rhein-Sieg, Leverkusen/Köln, Euskirchen, Düren,und Rhein-Kreis Neuss zusammen mit dem Naturschutzbund NRW und dem Baustoffverband Vero  ein Gemeinschaftsprojekt zum Amphibienschutz in der Rohstoffgewinnung zu initiieren. Die Ziele sind:

  • Abgrabungsunternehmen in Hinblick auf den Amphibienschutz zu beraten
  • mit den örtlichen Naturschutzbehörden individuelle Lösungen zu finden
  • den effektiven Schutz der seltenen Amphibienarten in den Betriebsstätten zu gewährleisten

Das Projekt ist eine freiwillige Kooperation zwischen einzelnen Abgrabungsunternehmen, dem Baustoffverband VERO, den Biologischen Stationen im südlichen Rheinland, dem NABU NRW und den Unteren Naturschutzbehörden. Es wird unterstützt durch das Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft und Natur- und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen. Das Projektgebiet ist beschränkt auf das südliche Rheinland, da die teilnehmenden Biologischen Stationen nur hier tätig sein dürfen und die Wechselkröte – als eine der aktuell besonders gefährdeten Arten – nur dort in NRW vorkommt.

Sibelco

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