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Z E I T

Bei der Beschäftigung mit Westerwälder Ton bzw. überhaupt Rohstoffen, die für die Herstellung der verschiedensten Dinge des täglichen Bedarfs benötigt werden, spielt eigentlich Zeit immer eine Rolle. Auch wenn man nur selten darüber nachdenkt.

Ein vor wenigen Tagen erschienenes Buch beschäftigt sich in verständlicher und anschaulicher Weise gerade mit diesem Aspekt, geschrieben von der amerikanischen Geologin Marcia Björnerud.

ZEITBEWUSSTHEIT – Geologisches Denken und wie es helfen könnte, die Welt zu retten

Zweifelsohne, mit dem Untertitel von der „Weltrettung“, kann auf den ersten Blick eine gewisse Skepsis aufkommen, wenn man ihn mit den verbreiteten umwelt- (klima-) apokalyptischen Verlautbarungen diverser Aktivistengruppen verbindet. Jedoch wischen die beiden anderen zentralen Begriffe des Buches „Zeitbewusstheit“ und „Geologisches Denken“ nach der Lektüre mögliche Vermutungen eines „geointelektuellen Tsunamis“ weg und machen deutlich, wie „Weltrettung“ aus aktueller geologischer Perspektive sinnvoll und rational sein kann.

Das Buch vermittelt nicht nur für geowissenschaftlich Interessierte grundlegende und sehr aktuelle Informationen und Ansichten. Marcia Björnerud, Professorin für Geologie an der Lawrence Universität in Appleton, Wisconsin/USA, liefert einen brillianten und informativen Einblick auf geologisches Zeit- und Prozessbewusstsein. Sie stellt die Geologie als das vor, was sie ist: nämlich die Naturwissenschaft, die den Planeten Erde mit der Physik, der Chemie, der Biologie, der Meteorologie und auch Kultur und Geschichte verbindet. Björnerud zeigt, dass Geologie und Erdgeschichte von ihren Anfängen im frühesten Präkambrium bis in die Gegenwart und weiter in die Zukunft weit mehr als nur eine empirische Naturwissenschaft ist. Ihr kommt im Hinblick auf Rohstofferkundung und -gewinnung zentrale Bedeutung zu.

Die sechs Hauptkapitel mit ihren thematischen Schwerpunkten:

1. Mehr Zeitbewussheit,

2. Ein Atlas der Zeit,

3. Das Tempo der Erde,

4. Es liegt was in der Luft,

5. Große Beschleunigungen,

6. Zeitbewusstheit utopisch und wissenschaftlich

zeigen, dass es der Autorin um mehr geht als um eine klassische Abhandlung der Erdevolution. Es geht um das Verständnis der stets und ständig wirkenden geologischen Tiefenzeit, die in den Gesteinsdokumenten enthalten ist.

Marcia Björnerud wirbt für die Geologie als Biographin unseres Planeten. Diese faszinierende geologische Reise auf 212 Seiten durch die Erdzeiten wird ergänzt durch 12 handgezeichnete Abbildungen, einen zeit-, prozess- und ereignisgezogenen Tabellenanhang (vereinfachte geologishe Zeitskala, Dauer und -Raten der Erdphänomene, Umweltkrisen der Erdgeschichte, Ursachen und Folgen) sowie ein Literaturverzeichnis ausgewählter historischer und moderner Arbeiten und ein Register.

Tab. B: Verweilzeiten und Durchmischungszeiten (S.2139)

Tab. D: Zyklen und Wiederholungsintervalle (S.221)

Dieses geologische Buch stellt gerade auch im pandemischen Event-Jahr mit seinen vielfältigen gesellschaftlichen Auswirkungen, eine erfrischende und optimistische Lektüre dar. Geologische Zeitbewussheit kann dazu beitragen, individuelle wie gesellschaftliche Umweltkenntnisse zu stärken und setzt negativen Prophezeiungen, Computermodellen und -prognosen Optimismus durch geologisch fundierte und machbare Handlungsoptionen entgegen.

Einschränkend ist anzumerken, dass das exponentielle Wachstum der Weltbevölkerung, was den ebenso stark ansteigenden Ressourcenverbrauch wesentlich verursacht, kaum in Betracht gezogen wird. Auch verwendet sie im Zusammenhang mit Klimawandel den allgegenwärtigen, aber sachlich falschen Begriff des Treibhauseffekts *. Was allerdings die Bedeutung dieses Buch nur geringfügig mindert.

Björnerud, M. (2020) Zeitbewussheit  Geologisches Denken und wie es helfen könnte, die Welt zu retten, – 243 S., 12 Abb., Tab. I-III, Berlin (MSB Matthes & Seitz Verlagsgesellschaft; ISBN: 978-3-95757-923-2, 28 €.

* Björnerud erwähnt S. Arrhenius, der 1896 die Theorie aufstellte, dass Spurengase, u.a. CO2 in der Atmosphäre einfallendes kurzwellige Strahlung passieren lassen aber langewellige, von der Erdoberfläche abgestrahlte Energie blockieren. Man vermutete eine solche Schicht in ca. 6 km Höhe. Mit einem Treibhaus, dessen Funktion die Unterbrechung der Luftzirkulation ist, hat die Erdatmosphäre als offenes System allerdings nichts zu tun. Es sei denn, das ein Netz die gleiche Wirkung wie z.B. Glasscheibe hätte, denn auch Spurengase der Atmosphäre lassen verschiedene Wellenlänge auch in umgekehrter Richtung passieren (was sich bei wolkenlosem Himmel des nachts leicht überprüfen lässt).

Zudem unterlief Arrhenius ein gravierende Rechenfehler. Bei der betreffenden Berechnung hat er, statt für alle einbezogenen Temperaturwerte einzeln die 4.Wurzel zu ziehen, von diesen erst den Mittelwert gebildet und dann daraus die 4.Wurzel gezogen. Es ergab sich der (falsche, aber heute überall benutzte) Wert von -18°C (für die Effektivtemperatur), die er bestimmen wollte. Der korrekte Wert liegt jedoch bei -129°C. Was sich leicht mit Excel und der Formel X^(1/4) überprüfen lässt (X=Zahlenwert).

Geologische Zeit, Geologische Zukunft, Zeitbewusstheit

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