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Bildsamkeit – Plastizität III

Seit den Anfängen der Keramik werden Tone wegen ihrer auffälligsten Eigenschaft, im feuchten Zustand verformbar zu sein, verwendet. Ein Wissen, das im Westerwald seit Jahrhunderten praktisch umgesetzt wird. Denn gerade die Westerwälder Tone sind durch ihre Entstehung und ihrer natürlichen Vielfalt der ideale keramische Rohstoff.

Ausrollen einer feuchten Masse
Drehen auf der Töpferscheibe
Fliesenrohling

Sie ermöglicht die dauerhafte Formgebung, vollendet nach dem Trocknen durch den keramischen Brand, vom Drehen auf der Töpferscheibe bis zur Herstellung großer Fliesen. Ohne Ton nicht möglich.

Der Ausdruck „Bildsamkeit“ beschreibt intuitiv das Phänomen, für welches heute überwiegend der Begriff „Plastizität“ verwendet wird. Die Bildsamkeit ist das Vermögen einer festen Substanz, auf von außen wirkende Kräfte mit bleibender Formänderung zu reagieren, ohne dass dabei der Zusammenhang der die Substanz bildenden Teilchen verloren geht (nach Haase). Dieser, scheinbar selbstverständlichen Beschreibung der Bildsamkeit liegt die Annahme zugrunde, dass es einer ‚Mindestkraft‘ (von außen), dem Anlasswert für eine bleibende Formänderung bedarf. Andernfalls würde der Formling auseinanderfließen

Wegen der komplizierten nichtlinearen, zeitabhängigen Verhaltens ist eine direkte Messung der Bildsamkeit nicht möglich. Im Laufe der Zeit wurden eine ganze Reihe Modelle zur Beschreibung dieses Phänomens entwickelt. Meist sind sie auch sehr anschaulich, bilden den Sachverhalt aber nur qualitativ ab und die Annahmen gehen von einer gleichbleibenden Homogenität der Substanz aus und berücksichtigen z.B. nicht die Rissbildung. Diese Schwierigkeiten haben zu einer Vielzahl von Prüf- und Messmethoden geführt, von denen in den vorangegangenen Blog-Beiträgen bereits einige beschrieben wurde,

Trockene tonmineralhaltige Massen können nicht als bildsam bezeichnet werden. Erst durch die Zugabe von Wasser wird der Zustand der Bildsamkeit erreicht. Denn Wasser besitzt gegenüber Tonmineralien eine große Adsorptionsneigung. Beispiel: es genügen 2 mg Wasser je g Kaolin für eine monomolekulare Bedeckung. Dickere Wasserschichten verbessern en Zusammenhalt der Teilchen durch Ausbildung neuer Haftstellen und erleichtern eine mechanische Verschiebung der Teilchen.

Stilisierte Tonplättchen mit angelagerterm Wasser und weiteren Partikeln (Quelle: Jasmung & Lagaly (1993), Seite 129)

Daneben sind Teilchengröße, -oberfläche und -form sowie die Größenverteilung von Bedeutung. So kann aus den Anteil der Teilchen <2 µm die Bildsamkeit abgeschätzt werden.

Das Phänomen der Plastizität ist auch heute noch nicht restlos aufgeklärt. Von einer reproduzierbaren, zuverlässigen und objektiven Testmethode ist man ebenso noch weit entfernt. Weil das Verfahren vergleichsweise einfach ist, wird auch heute noch verbreitet die Messung der Plastizität nach dem von Pfefferkorn in den 1920er Jahren entwickelten Verfahren durchgeführt.

(Quelle: Kerbe (2015), Seite 19+20)
Pfefferkorn-Gerät im Einsatz

Vermutlich wird auch dieser Beitrag nicht der letzte sein, der sich mit der Bildsamkeit der Westerwälder Tone beschäftigt.

Jasmund, K. & Lagaly, G. (Hrsg.)(1993) Tonminerale und Tone: Struktur, Eigenschaften, Anwendungen und Einsatz in Industrie und Umwelt. Darmstadt, Steinkopff

Kerbe, F. (2015) Wer war eigentlich Pfefferkorn?. Keramische Zeitschrift, No.1, 19-21

Bildsamkeit, keramischer Ton, PFEFFERKORN, Plastizität

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